Was wurde aus dem Hof Emschermündung?
Was wurde aus dem Hof Emschermündung?
Die Emscher hat schon einiges hinter sich. Bis in das 19. Jahrhundert hinein hat sich kaum jemand für das unscheinbare Flüsschen interessiert, das bei Holzwickede entspringt und nach gut 80 Kilometern bei Dinslaken in den Rhein mündet. Dann wurde es im Zuge der rasanten Industrialisierung des Ruhrgebiets zur fließenden Müllkippe für Städte, Kohlengruben und Stahlwerke, die allerdings immer mal wieder über die Ufer trat und Krankheiten wie Typhus oder Cholera verbreitete. 1906 schließlich beschloss die Emschergenossenschaft, den Fluss zu begradigen und in eine offene, von Beton eingefasste Kloake zu verwandeln. Ein unterirdischer Kanal war wegen des Bergbaus unmöglich.
Bis in die 1990er-Jahre blieb die Emscher eine stinkende Brühe und galt als der dreckigste Fluss Europas. Eltern warnten ihre Kinder, ja nicht in die „Köttelbecke“ zu fallen – sie würden von der Strömung mitgerissen und hätten angesichts der glatten Betonwände keine Chance, ihrem Unglück zu entkommen. Seit 1992 wird die Emscher wieder ein Fluss und bekommt über weite Strecken ihr einstiges Bett zurück. Herzstück des mehr als fünf Milliarden Euro teuren „Jahrhundertprojekts“ ist ein rund 400 Kilometer unterirdisches Kanalsystem, das künftig die Abwässer aufnehmen wird.
Federführend bei der Renaturierung der Emscher ist die Emschergenossenschaft, der älteste deutsche Wasserwirtschaftsverband. Zum Umbau der Emscher gehört auch die Verlegung der Mündung um rund 700 Meter in Richtung Voerde. Noch stürzt der Fluss über ein rund sechs Meter hohes Absturzwerk in den Rhein – eine kaum zu überwindende ökologische Barriere für Fische und andere Lebewesen. Rund um die neue Mündung soll sich künftig eine mehr als 20 Hektar große Aue entwickeln, ein dynamischer Lebensraum, der auch als natürliche Überflutungsfläche bei Rhein-Hochwasser dienen wird.
Bereits 2013 hat die Emschergenossenschaft einen alten Hof aus dem Jahr 1911 an der bisherigen Emschermündung renoviert und zu einem Ort der Begegnung umgebaut. Neben der zentralen und günstigen Lage war vor allem die Nähe zu wichtigen Radwegen ausschlaggebend für die Idee, den Hof neu zu beleben und für verschiedene Gruppen sowie Besucher zu öffnen. Im April 2013 fand die Grundsteinlegung statt. Dabei wurde unter der Treppe des Anbaus eine Zeitkapsel mit einer historischen Karte von Dinslaken, der Nachprägung eines Dinslakener Groschens aus dem 14. Jahrhundert und dem Saatgut ausgewählter Färberpflanzen eingemauert, die an die Geschichte des Hofes erinnert und zugleich auf seine fruchtbare Zukunft hinweisen soll.
Die hat längst begonnen. Mit einem großen Familienfest am 17. Mai 2014 wurde der Hof Emschermündung schließlich den Bürgerinnen und Bürgern offiziell übergeben. Heute vereint der Hof unter seinem Dach verschiedene Partner: die Emschergenossenschaft, das Färberpflanzennetzwerk sevengardens, RevierRad, die NABU Kreisgruppe Wesel, den Imkerverein Dinslaken, Wasserfrosch Naturerlebnis, die VHS Dinslaken-Voerde-Hünxe sowie ein Café mit Leckeren aus der Region. Unsere Stiftung hat die Einrichtung eines Werk- und Seminarraums sowie eines Lagerraums, die vor allem vom NABU Wesel und von sevengardens genutzt werden, mit 41.900 Euro gefördert.
Längst ist der Emscherhof mit seinen Picknickplätzen und einem Kinderspielplatz ein beliebtes Ausflugsziel für Radfahrer und Spaziergänger. Im Außenbereich können zum Beispiel ein Färbergarten, eine typische niederrheinische Streuobstwiese, eine Schmetterlingswiese sowie ein Natur- und Kräutergarten erkundet werden. Für Kai Kolodziej von der Emschergenossenschaft ist „der Hof zu einem Ort des informellen Lernens, Erlebens und Erfahrens ökologischer Zusammenhänge geworden – und ein Mehrwert für die Region rund um die Emschermündung“.
Weitere Informationen unter www.hof-emschermuendung.de sowie in unserer Projektdatenbank unter U-3476