Tagung: Regionales Wirtschaften stärken

Regionales Wirtschaften stärken

Netzwerk Regionalitätsstrategie NRW tagt zu Zukunftschancen für Regionalvermarktung, Biodiversität und bäuerliche Betriebe“

11. Mai 2023 – Wie lässt sich regionales Wirtschaften stärken, um so ein nachhaltigeres Wirtschaften zu ermöglichen? In der letzten Aprilwoche trafen sich rund 50 Vertreter:innen aus dem Netzwerk Regionalitätsstrategie und weiteren Multiplikator:innen in der Natur- und Umweltschutzakademie NRW (NUA) in Recklinghausen. Diskutiert wurde, wie die Ergebnisse der Regionalitätsstrategie NRW, die 2022 vom Landesverband Regionalbewegung NRW gemeinsam mit über 30 Netzwerkpartnern aus Verbänden und Institutionen erarbeitet wurden, umgesetzt werden können.

In einer Videobotschaft betonte Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, dass der Zukunftsvertrag der nordrheinwestfälischen Landesregierung die Stärkung der regionalen Vermarktung klar als Schlüssel für eine erfolgreiche Land- und Ernährungswirtschaft benenne. Die Ministerin begrüße es, dass sich immer mehr Akteure diesem Thema annehmen, es zeige, dass es in der Gesellschaft angekommen sei.

Regionale Wertschöpfungszentren

Das Herzstück der Regionalitätsstrategie NRW ist die Forderung nach sogenannten Regionalen Wertschöpfungszentren (RegioWez) in den Regionen NRWs. Somit lag auch in den Diskursformaten der Tagung der Schwerpunkt auf folgenden Fragestellungen: Welche Möglichkeiten bestünden zur landesweiten Einrichtung mehrerer RegioWez? Wie kann Regionalisierung als wesentliche kommunale Aufgabe etabliert werden kann, welche Rolle können Ernährungsräte und Regionalbewegung in diesem Prozess übernehmen? Wie können wir RegioWez auch als Zentren für Kommunikation zwischen Zivilgesellschaft und Landwirtschaft gestalten? Welche Prozesse zur Einrichtung von RegioWez gibt es bereits in NRW?

In den verschiedenen Workshops wurde deutlich, dass der Aufbau von RegioWez in der Praxis sehr vielschichtig ist und es somit kein allgemeingültiges Modell für alle Regionen geben kann. Denn es gelte, so Dorle Gothe von der Regionalwert AG Rheinland und Vorstand der Regionalbewegung NRW, zunächst die Möglichkeiten und die Bedarfe von vor Ort zu klären, um dann gemeinsam mit den Akteuren ein standortangepasstes Modell zu entwickeln. Wichtig sei auch die frühzeitige Klärung, ob ein reiner Gewerbebetrieb entstehen solle oder das RegioWez, bestehend aus den Bereichen Gewerbe, Wertschöpfungsmanagement und BildungsZentrum, auch ein Ort für Beratung und Begegnungen darstellen könne.

Wo gibt es Kooperationspartner?

Präsent war die Frage, ob bei der Regionalisierung der Land- und Ernährungswirtschaft Kooperationen zwischen konventionell bäuerlichen Betrieben und Bio-Landwirtschaft notwendig seien. Viele der Teilnehmenden betonten, dass es nur Hand in Hand ginge, da Bio den regionalen Bedarf noch nicht abdecken könne und Verarbeitungsbetriebe bzw. Verarbeitungsstätten – wie zum Beispiel eine mobile Schlachtstätte – durch Bio und Regio eine bessere Auslastung erreichten. Dabei sei allerdings bei einer gemeinsamen Vermarktung von regional-konventionellen und regional-biologischen Lebensmitteln eine deutliche und transparente Kennzeichnung immens wichtig. Dadurch können Verbraucher:innen den Unterschied erkennen und gezielte Kaufentscheidungen treffen.

Im abschließenden Podiumsgespräch mit Prof. Dr. Guido Ritter (Institut für Nachhaltige Ernährung, FH Münster), Norwich Rüße (stellvertr. Fraktionsvorsitzender Grüne NRW), Christiane Wildraut (FH Südwestfalen) und Bianca Winkelmann (stellvertr. Fraktionsvorsitzende CDU NRW) wurden Wege zur Einrichtung von RegioWez diskutiert. Norwich Rüße stellte hierzu fest: „Prinzipiell müssen wir, wenn wir Landwirtschaft nachhaltig verändern wollen, weg von Modellprojektförderungen. Ziel muss es sein, regionale Strukturen, die wir in 50 Jahren kaputt gemacht habe wieder aufzubauen. Hier könnten Regionale Wertschöpfungszentren Perspektiven bieten.“

Fördermöglichkeiten

Bezugnehmend auf die Fördermöglichkeiten für RegioWez teilte Bianca Winkelmann mit, man habe unlängst mit dem Koalitionspartner erkannt, dass die NRW Öko-Modellregionen in denen ja auch regionale Vermarktung vorangebracht werden solle, mit zu wenig Finanzmitteln ausgestattet seien. „Nur: so leicht lassen sich die Mittel jetzt nicht aufstocken. Allerdings haben wir nun mit dem Finanzminister eine Lösung zur Bereitstellung zusätzlicher Projektgelder gefunden. Dies sei zwar in der Sache aufwendiger, aber so besteht auch die Möglichkeit, zusätzlich Aktivitäten der Regionalbewegung bzw. Aktivitäten zum Aufbau von RegioWez zu unterstützen“, resümiert Bianca Winkelmann.

Im weiteren Verlauf der Podiumsdiskussion machte Prof. Guido Ritter darauf aufmerksam, dass durch das politische Ziel, die regionale Ernährungswirtschaft (bspw. in der Außer-Haus-Verpflegung) zu stärken, auf die Kommunen künftig eine bedeutende Rolle zukomme. Deshalb fordere er – wie auch die Regionalbewegung in ihrer Regionalitätsstrategie – Ernährungsbeauftragte in den Kommunen. Diese sollten wiederum im Austausch mit den Manager:innen der Öko-Modellregionen und regionalen Wertschöpfungsmanagements im RegioWez stehen.

Transformation der Land- und Ernährungswirtschaft

Die Transformation unserer Land- und Ernährungswirtschaft ist längst kein Thema mehr für nur ein Ressort oder auch nur ein Ministerium. Vielmehr solle es als Querschnittsthema interministeriell (Landwirtschaft, Wirtschaft, Bildung, Kultur, Umwelt und Klima) behandelt und gefördert werden, betonte Brigitte Hilcher, Vorsitzende der Regionalbewegung NRW abschließend und erntete damit viel Zustimmung.

Wie wichtig analoge Vernetzung und Austausch neben virtuellen Besprechungen für die Gestaltung von Transformationsprozessen sind, darin waren sich die Teilnehmenden einig. Daher wurde begrüßt, dass die Regionalbewegung unter Einbindung der Netzwerkpartner, des Vereins Ernährung NRW, des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, der Ministerien und weiteren relevanten Akteuren für weitere Gespräche landesweit das Format von „Runden Tischen“ etablieren möchte. Einladungen zu entsprechenden Treffen werden in den nächsten Wochen vorbereitet.

 

Weitere Informationen

=> Weitere Infos zur Tagung und der Regionalbewegung NRW

=> U-1059 Regio.Diskurs.NRW – Regionalisierung unserer Ernährung voranbringen

 

 

Regionalbewegung NRW veröffentlicht Regionalitätsstrategie

 

Regionalisierung der Ernährungswirtschaft

 

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