Neu: Fair Finance Guide 8.0
Neuer Fair Finance Guide 8.0
Banken-Check findet Fortschritte bei Transparenz und Nachhaltigkeit, deckt aber auch neue Defizite auf
- Alternativbanken und Kirchenbanken GLS Bank, EthikBank, Tomorrow[1], KD-Bank, Triodos Bank und Pax-Bank schneiden am Besten ab
- Berliner Sparkasse erstmals analysiert
- Viele deutsche Banken haben Tiefseebergbau noch nicht auf dem Schirm und hinken Banken in anderen europäischen Ländern hinterher
- 9 von 20 Banken haben keinerlei Richtlinie für Tiefseebergbau
- Mehr Transparenz und Nachhaltigkeit bei Banken, mit Ausnahme des Rüstungssektors
- Mehrere Banken verwässern ihre Rüstungsrichtlinien und unterstützen Firmen, die Waffen entgegen dem humanitären Völkerrecht an kriegstreibende Regime exportieren
Berlin/Bonn/London (28.11.2024) – Zum achten Mal hat der „Fair Finance Guide Deutschland“ (FFG), ein von der NGO Facing Finance koordiniertes Projekt, untersucht, ob und wie deutsche Banken soziale und ökologische Standards achten. In Kooperation mit dem SÜDWIND-Institut und EarthLink überprüft der FFG die veröffentlichten Finanzierungs- und Anlagerichtlinien von 20 Banken anhand von 254 Kriterien aus 15 Themenbereichen[2] auf ihre Übereinstimmung mit internationalen Nachhaltigkeitsstandards. Ziel des FFG ist es, für Bankkund:innen Transparenz und Vergleichbarkeit bezüglich der sozialen und ökologischen Leistung deutscher Banken zu schaffen. Dadurch sollen Verbraucher:innen vor möglichem Greenwashing geschützt werden. „Darüber hinaus treten wir in einen konstruktiven Dialog mit den Banken, um ihre Finanzierungs- und Anlagerichtlinien nachhaltiger und transparenter zu gestalten“, ergänzt Luca Schiewe, FFG-Projektkoordinator bei Facing Finance.
Am Besten schneiden erneut die Alternativ- und Kirchenbanken GLS Bank, Tomorrow, Ethikbank, KD-Bank, Triodos Bank und Pax-Bank (86-97%) ab, während die Sparda-Bank West[3] (27%) und die Bayerische Landesbank (30%) die Schlusslichter bilden. Die Berliner Sparkasse wurde zum ersten Mal bewertet und erreicht 36%, was höher ist als die Ergebnisse für andere Neulinge in der Vergangenheit, aber noch Luft nach oben hat. Die größten Verbesserungen verzeichnen die Sparda-Bank West (+17%), die DekaBank (+6%), die DZ Bank (+5%), Tomorrow (+5%) und die Stadtsparkasse Düsseldorf (+5%). Insgesamt verbessern sich die deutschen Banken in Sachen Transparenz und Nachhaltigkeit, bleiben aber hinter schwedischen, belgischen oder niederländischen Banken zurück, wie der FFG in anderen Ländern zeigt.
Banken aus Nordrhein-Westfalen machen deutliche Fortschritte
„Es ist sehr erfreulich, dass so deutliche Fortschritte, insbesondere bei den NRW-Banken, erzielt wurden. Der FFG ermöglicht aufgrund seiner Kriterien eine gute Transparenz und schafft es so, Banken sowie Bürger:innen zunehmend für entsprechende Nachhaltigkeitsrichtlinien zu sensibilisieren“, sagt Katja Winter von der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen, die den FFG Deutschland mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen fördert.
„Die Bedeutung des Fair Finance Guide ist nicht zu unterschätzen. Er ist die einzige Non-Profit-Informationsquelle, die es seit Jahren gibt und die Verbraucher, die wissen wollen, was mit ihrem Geld passiert, verlässlich und transparent informiert“, sagt Ulrike Lohr, Sustainable Finance Referentin am SÜDWIND-Institut. „Wir schätzen auch den breiten methodischen Ansatz zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Fragen, der wichtige soziale Themen wie die Due-Diligence-Prüfung von Menschen- und Arbeitsrechten abdeckt, die von Sustainable-Finance-Praktikern oft übergangen werden. Durch das Aufgreifen neuer Themen wie Tiefseebergbau hält der FFG mit den globalen Nachhaltigkeitsherausforderungen Schritt“.
Tiefseebergbau entwickelt sich für die Weltmeere zu einer Bedrohung
Tiefseebergbau entwickelt sich zunehmend zu einer Bedrohung für die Ozeane und zu einem Risiko für Kreditgeber. Deshalb hat der FFG zum ersten Mal auch Tiefseebergbau analysiert. Andy Whitmore von der Deep Sea Mining Campaign stellt fest: „Die Recherchen des FFG ergeben, dass eine knappe Mehrheit der untersuchten deutschen Banken, nämlich 11 von 20, die direkte Finanzierung von Tiefseebergbauprojekten ausschließt.[4] Dies ist ermutigend, da sich diese Banken gegen die Ausbeutung der Tiefsee stellen. Einige dieser Banken finanzieren und investieren jedoch weiterhin in Firmen wie die Deme Group mit ihrer Tiefsee-Explorations-Tochter Global Sea Mineral Resources (GSR)[5]. Insgesamt wurden bei 8 der 20 Banken[6] finanzielle Beziehungen zu 7 Firmen[7] festgestellt, die u.a. im Tiefseebergbau tätig sind.
Banken haben Richtlinien im Rüstungssektor gelockert
Obwohl deutsche Banken sich bei den meisten der untersuchten Themen langsam transparenter und verantwortungsvoller ausrichten, gibt es eine Ausnahme: Waffen. Seit Beginn des Ukraine-Krieges haben verschiedene Banken[8] ihre Richtlinien im Rüstungssektor gelockert, häufig unter Verweis auf die Notwendigkeit, die Streitkräfte der EU-Staaten auszurüsten. Den meisten Banken fehlt jedoch ein differenziertes Regelwerk, das die Finanzierung auf die Ausrüstung der Streitkräfte innerhalb der EU beschränkt oder geächtete Waffen[9] und Waffenexporte in Kriegsgebiete ausschließt.
Keine Bank hat ihre Regeln stärker aufgeweicht als die Bayerische Landesbank (BayernLB). Vorher war die Finanzierung von Rüstungsprojekten ausgeschlossen, und eine allgemeine Unternehmensfinanzierung war nur für Firmen mit höchstens 20% Rüstungsumsatz möglich. Nach zwei Richtlinienänderungen (2023 und 2024) finanziert die BayernLB nun direkt Waffenexporte und hat keinen Ausschluss der allgemeinen Unternehmensfinanzierung von Firmen, die geächtete Waffen herstellen oder deren Waffenexporte völkerrechtswidrige Kriege in Jemen, Syrien, Gaza, Myanmar oder Libyen anheizen. „Banken sollten sich an international verbindlichen Verträgen ausrichten und Unternehmen ausschließen, die Antipersonenminen oder Streubomben herstellen oder gegen den Arms Trade Treaty (ATT) verstoßen, der Waffenlieferungen verbietet, die wissentlich für Kriegsverbrechen eingesetzt werden“, fordert Thomas Küchenmeister, Geschäftsführer von Facing Finance, Mitglied der Internationalen Kampagne zum Verbot von Antipersonenminen ICBL (Friedensnobelpreis 1997).
[1] Tomorrow hat keine Banklizenz, sondern nutzt die Banklizenz des Kooperationspartners Solaris SE. Zudem vergibt Tomorrow keine Kredite an Firmen, sodass im FFG lediglich die Eigenanlagen und Vermögensverwaltung bewertet wurden.
[2] Klimawandel, Korruption, Geschlechtergerechtigkeit, Menschenrechte, Arbeitsrechte, Natur, Steuern, Transparenz & Rechenschaft, Rüstung, Nahrungsmittel, Forstwirtschaft, Bergbau, verarbeitende Industrie, Stromerzeugung, Öl & Gas.
[3] Die Sparda-Bank West vergibt keine Kredite an Firmen. Daher wurden im FFG lediglich die Richtlinien ihrer Eigenanlagen bewertet, andere Bankbereiche nicht.
[4] Die 11 Banken sind Apobank, Deutsche Bank, DZ Bank, Ethikbank, GLS, KD-Bank, Pax-Bank, Sparkasse Köln-Bonn, Tomorrow, Triodos, UniCredit.
[5] Zu Deme’s Investoren gehören Deutsche Bank und DZ Bank, während Deutsche Bank, DekaBank, ING in Deme’s Mehrheitseigentümer Ackermans & Van Haaren NV investieren.
[6] Die 8 Banken sind Deutsche Bank, DZ Bank, DekaBank, ING, UniCredit, Commerzbank, BayernLB, LBBW.
[7] Die 7 Firmen sind Deme, Ackermans & Van Haaren, CMRELTD, Bosch Ltd, Bauer, Continental, Noble Corporation.
[8] Z.B. Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) oder Deutsche Bank (mit dem Vermögensverwalter DWS).
[9] Z.B. Streubomben, Antipersonenminen, Weißer Phosphor oder Atomwaffen.
Weitere Informationen
=> Alle Bewertungen und das Ranking zum Download sowie die Banken-Statements zum FFG.
=> Förderprojekt Z-5620 Klima retten, Umwelt schützen, Menschenrechte achten – Beim Geld fängt´s an!
Bei Rückfragen oder Interview-Anfragen wenden Sie sich bitte an:
Thomas Küchenmeister
Geschäftsführender Vorstand
Facing Finance e.V.
+49 (0)175-4964082
kuechenmeister@facing-finance.org
Ulrike Lohr
Referentin für Sustainable Finance
SÜDWIND e.V. – Institut für Ökonomie und Ökumene
+49 (0)228-763698-17
lohr@suedwind-institut.de
Andy Whitmore
Referent für Finanzmärkte
Deep Sea Mining Campaign
+44 7754 395597
andy@dsm-campaign.org